Trotz wirtschaftlicher Fortschritte in Zypern liegt das Niveau der finanziellen Allgemeinbildung (Financial Literacy) weiterhin unter dem EU-Durchschnitt. Darauf wies Präsident der Republik Zypern, Nikos Christodoulides, am Donnerstag hin und unterstrich, dass die Regierung das Thema Finanzbildung als eine ihrer wichtigsten Aufgaben ansieht.
Auf der 1. Internationalen Konferenz des Cyprus Financial Literacy and Education Committee (CyFLEC) in Nikosia, die unter dem Motto „Finanzielle Allgemeinbildung für die Jugend – Vorbereitung der nächsten Generation“ stand, erklärte der Präsident:
„Angesichts der Tatsache, dass wir in diesem Bereich unter dem EU-Durchschnitt liegen, bedeutet dies im Grunde, dass viele junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten, ohne zu wissen, wie man ein Budget verwaltet, einen Kredit beurteilt oder sinnvoll investiert. Familien machen Schulden, ohne die Funktionsweise von Zinssätzen vollständig zu verstehen. Und es heißt, dass viele Bürger anfällig für Betrug, Fehlinformationen oder falsche finanzielle Entscheidungen sind.“
Regierung und Zentralbank stellen Finanzkompetenz in den Mittelpunkt
Christodoulides betonte, die Bedeutung der finanziellen Bildung habe die Regierung veranlasst, dieses Thema zu einer Hauptpriorität zu erklären. Konkret verwies er auf das im September 2024 durch das Bildungsministerium eingeführte Finanzbildungsprogramm für Schülerinnen und Schüler der dritten Klasse im Gymnasium:
„Mehr als 8.000 Schülerinnen und Schüler an öffentlichen und privaten Schulen nehmen bereits an diesem Programm teil. Ziel ist es, den Heranwachsenden grundlegende Kompetenzen im Finanzmanagement zu vermitteln, damit sie frühzeitig auf die finanziellen Herausforderungen des modernen Lebens vorbereitet werden.“
Er hob hervor, dass man hiermit eine Kultur der finanziellen Verantwortung etablieren wolle, sodass Jugendliche mit fundierten Kenntnissen in ihr späteres Berufs- und Privatleben starten.
Christodoulos Patsalides, Gouverneur der Zentralbank Zyperns und Vorsitzender des Cyprus Financial Literacy and Education Committee (CyFLEC), erklärte seinerseits, dass die Stärkung der Finanzbildung in Zypern dringend geboten sei:
„Am 17. Juni 2024 haben wir in Zypern eine staatliche Institution aktiviert, die für die Umsetzung der Nationalen Strategie zur Förderung von Finanzbildung verantwortlich ist. Wir sehen diesen Schritt als Imperativ, um die finanzielle Kompetenz in unserem Land zu heben.“
Finanzwissen in Zypern: Status quo und Herausforderungen
Patsalides veranschaulichte die Dringlichkeit an einer Studie, der zufolge die durchschnittliche finanzielle Allgemeinbildung in Zypern nur bei 56 % liege (in einer Stichprobe von Menschen zwischen 15 und 79 Jahren), während nur 17 % der Befragten ein Mindestmaß an Kompetenz aufwiesen. Besonders besorgniserregend sei, dass 39 % angaben, in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal nicht in der Lage gewesen zu sein, ihre Ausgaben mit ihrem Einkommen zu decken.
Um diesen Missständen entgegenzuwirken, habe das CyFLEC vier spezialisierte Themenspezifische Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich folgenden Schwerpunkten widmen:
- Evaluierung und Aktualisierung der Nationalen Strategie
- Förderung der Finanzbildung in öffentlichen und privaten Bildungsinstitutionen
- Lebenslanges Lernen
- Stärkung der digitalen Finanzkompetenz
Beitrag des Bildungsministeriums
Bildungsministerin Athina Michaelidou erklärte, die Regierung habe Bildung seit Beginn als Herzstück ihrer Bemühungen definiert, um einen Übergang zu einer modernen, effektiven Schule zu ermöglichen. Man habe bereits vieles umgesetzt und plane, noch mehr zu tun. Indem das Ministerium die nationale Strategie zur Finanzbildung übernehme, habe man in der 3. Klasse der weiterführenden Schulen (High School) ein Interventionsprogramm gestartet.
Im ganzen Land würden nun Themen wie persönliches Budget, Sparen und Kredite mithilfe von Fallbeispielen, interaktiven Aufgaben und Diskussionen vermittelt. Die ersten Indikatoren seien „sehr positiv“, erklärte Michaelidou:
„Wir haben bereits beschlossen, das Fach ab dem nächsten Schuljahr sowohl in der Primarstufe als auch in allen Klassenstufen der High Schools zu verankern.“
Warum finanzielle Bildung so wichtig ist
Schutz vor Überschuldung und Betrug
Angesichts steigender Lebenshaltungskosten und komplexer Finanzprodukte ist es für junge Menschen unabdingbar, grundlegende Prinzipien der Geldanlage, Kreditaufnahme und Risikoabsicherung zu verstehen.Stärkung der Volkswirtschaft
Ein höheres Level an Finanzkompetenz ermöglicht den Bürgern, bessere Entscheidungen zu treffen, wie zum Beispiel produktiv zu investieren oder effektiver zu sparen. Dies kommt der gesamten Wirtschaft zugute, da finanzielle Stabilität das Konsumverhalten positiv beeinflusst und das Risiko von finanziellen Krisen mindert.Gleichberechtigte Teilhabe
Wer über Basis-Finanzwissen verfügt, ist weniger anfällig für Fehlinformationen und kann aktiv am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Das stärkt die Chancengerechtigkeit und macht die Gesellschaft resilienter.
Ausblick und gemeinschaftliche Initiativen
Die nun vorgestellten Programme für Schüler sind nur der Anfang eines umfassenderen Ansatzes. So wird zum Beispiel auch von Akademien, Banken und NGOs erwartet, sich stärker einzubringen. Dabei geht es nicht nur um die theoretische Aufklärung, sondern auch darum, praktische Kompetenzen zu vermitteln, wie man etwa ein Konto verwaltet, einen Kredit vergleicht oder in digitale Payment-Methoden investiert.
Weiterhin sieht die Nationale Strategie zur Finanzbildung auch vor, dass Erwachsene und insbesondere finanziell benachteiligte Gruppen Zugang zu Weiterbildungsangeboten erhalten. Über Workshops, Online-Kurse oder Kooperationsprojekte mit Arbeitgebern sollen alle Teile der Bevölkerung erreicht werden.
Partnerschaft mit dem privaten Sektor
Viele Finanzinstitute könnten durch eigene Initiativen wie „Financial Literacy Days“ oder kostenlose Beratungssprechstunden beitragen. Dadurch gewinnt nicht nur die allgemeine Öffentlichkeit, sondern auch die Finanzbranche selbst, wenn Kunden ihre Produkte mit einem besseren Verständnis nutzen und langfristig stabilere Geschäftsbeziehungen eingehen.
Fazit
Die 1. Internationale Konferenz des Cyprus Financial Literacy and Education Committee zeigte deutlich, dass die zyprische Regierung und zentrale Institutionen wie die Zentralbank hoch motiviert sind, das Niveau der Finanzbildung im Land anzuheben. Obwohl der aktuelle Stand – mit einer durchschnittlichen Finanzkompetenz von 56 % – unter dem europäischen Durchschnitt liegt, lassen diverse Projekte, vom Schulunterricht bis zur Digitalaufklärung, erkennen, wie ernst das Thema genommen wird.
Präsident Christodoulides und Gouverneur Patsalides sind sich einig: Ein umfassendes, möglichst früh beginnendes Training in Geldmanagement und finanziellem Bewusstsein kann junge Menschen wie Erwachsene davor schützen, schlecht informierte Entscheidungen zu treffen, und Zypern insgesamt wirtschaftlich widerstandsfähiger machen. Die Anstrengungen von Regierung und Institutionen könnten somit nicht nur Einzelnen helfen, sondern das gesamte Land auf ein solides Fundament für die Zukunft stellen.
Quellen:
- Rede von Präsident Nikos Christodoulides zur 1. Internationalen Konferenz des Cyprus Financial Literacy and Education Committee (CyFLEC)
- Aussagen von Christodoulos Patsalides, Gouverneur der Zentralbank Zyperns und Präsident des CyFLEC
- Stellungnahmen von Bildungsministerin Athina Michaelidou
- Berichterstattung durch Cyprus News Agency (CNA/AAR/MK/2025)
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