Organschaftsmodell Zypern–Österreich

Funktionsweise, rechtlicher Rahmen und praktische Umsetzung

 


1 – Einordnung und Zielsetzung des Organschaftsmodells

Das sogenannte Organschaftsmodell Österreich–Zypern ist kein Massenprodukt, kein Schnellschuss und schon gar kein „Steuertrick“. Es handelt sich um ein hoch spezialisiertes, DBA-basiertes Strukturmodell, das für einen klar umrissenen Personenkreis entwickelt wurde:
Unternehmer, die physisch und steuerlich weiterhin in Österreich ansässig sind, ihre operative Wertschöpfung jedoch substanziell und rechtssicher nach Zypern verlagern möchten.

Der Kern des Modells liegt nicht in aggressiver Steuervermeidung, sondern in der korrekten Nutzung einer Besonderheit des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen Österreich und Zypern, die es so mit keinem anderen EU-Staat gibt. Diese Besonderheit betrifft die steuerliche Behandlung von Personengesellschaften in grenzüberschreitenden Konstellationen.

Während Deutschland hier meist reflexartig zur Betriebsstätten- oder Missbrauchsdebatte greift, schaut Österreich genauer – und akzeptiert unter klar definierten Voraussetzungen eine zypriotische Besteuerung bestimmter Einkünfte. Genau hier setzt das Organschaftsmodell an.


2 – Steuerliche Ausgangslage: Personengesellschaften im DBA-Kontext

Grundsätzlich gelten Personengesellschaften steuerlich als Transparenzvehikel (Pass-Through-Entity).
Das bedeutet:

  • Die Gesellschaft selbst zahlt keine Einkommensteuer

  • Die Besteuerung erfolgt auf Ebene des Gesellschafters

  • Maßgeblich ist regelmäßig der Wohnsitzstaat des Gesellschafters

Im DBA Österreich–Zypern existiert jedoch eine abweichende Qualifikation, die in der Praxis lange Zeit unterschätzt wurde. Bestimmte zypriotische Personengesellschaften – insbesondere Limited Partnerships (LP) – können unter bestimmten Voraussetzungen als in Zypern steuerlich verhaftet gelten, selbst wenn der Gesellschafter in Österreich ansässig ist.

Diese Abweichung war die Geburtsstunde des Organschaftsmodells.


3 – Das historische Drei-Gesellschaften-Modell (und warum es heute nicht mehr funktioniert)

Ursprünglich bestand das Modell aus drei Einheiten:

  1. Zypriotische Personengesellschaft (LP)
    – gehalten von einem österreichischen Unternehmer

  2. Zypriotische operative Limited (Ltd)
    – aktive Geschäftstätigkeit

  3. Dritte Limited als Managing Partner
    – formales Management, keine operative Funktion

Die Idee war elegant – zumindest auf dem Papier:

  • Die operative Ltd zahlt zypriotische Körperschaftsteuer

  • Ausschüttung der Dividenden an die Personengesellschaft

  • Dividenden sind in der LP steuerfrei

  • Weiterleitung an den österreichischen Gesellschafter
    ohne Kapitalertragsteuer in Österreich

Dieses Modell wurde über Jahre genutzt – und ebenso lange kritisch beäugt.
Inzwischen ist die Position der österreichischen Finanzverwaltung eindeutig:

Reine Durchleitungskonstrukte ohne eigene Substanz werden nicht mehr anerkannt.

Das Ergebnis:
Vollbesteuerung der Gewinne in Österreich, inklusive Nachversteuerung.


4 – Die moderne, akzeptierte Variante: Substanz statt Fassade

Die heute tragfähige Struktur verzichtet bewusst auf künstliche Elemente:

  • Keine dritte Managing-Partner-Limited

  • Der Managing Partner ist eine natürliche Person

  • Diese Person kann zugleich Direktor der operativen Ltd sein

Der entscheidende Unterschied liegt jedoch woanders:

🔹 Die Personengesellschaft muss ein eigenes Geschäft betreiben

Das bedeutet konkret:

  • Eigene Umsätze

  • Eigene Kunden oder Vertragsbeziehungen

  • Eigene Mitarbeiter

  • Idealerweise ein eigenes Büro in Zypern

Dieses Einkommen wird korrekt in Österreich versteuert.
Ja – das ist kein Fehler, sondern eine Voraussetzung.

Denn nur so lässt sich nachweisen, dass:

  • keine Scheingesellschaft vorliegt

  • keine reine Steuervermeidungsabsicht besteht

  • reale wirtschaftliche Aktivität in Zypern vorhanden ist


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5 – Rolle der operativen Tochtergesellschaft (Ltd)

Parallel zur Personengesellschaft agiert eine operative zypriotische Limited, die:

  • das eigentliche Kerngeschäft betreibt

  • operative Gewinne erzielt

  • Körperschaftsteuer in Zypern zahlt

Diese Gewinne können – bei korrekter Strukturierung – als Dividenden ausgeschüttet werden.
Und genau hier liegt der Hebel:

👉 Diese Dividenden können steuerfrei an den österreichischen Eigentümer durchgeleitet werden, sofern:

  • die Personengesellschaft ordnungsgemäß strukturiert ist

  • der Eigentümer nur stiller Gesellschafter ist

  • keine persönliche Geschäftsführungs- oder Vertriebsrolle vorliegt


6 – Der stille Gesellschafter: zentrale Voraussetzung

Das Modell steht und fällt mit einer klaren Rollenverteilung.

Der österreichische Eigentümer darf nicht:

  • operativ tätig sein

  • Kundenkontakt haben

  • als Gesicht der Marke auftreten

  • Entscheidungen des Tagesgeschäfts steuern

Dieses Modell funktioniert nicht für:

  • Coaches

  • Berater

  • Speaker

  • Personal Brands

  • Ein-Personen-Dienstleistungen

Es funktioniert hingegen gut für:

  • E-Commerce

  • Amazon FBA

  • Software-Geschäfte

  • digitale Plattformmodelle

  • skalierbare Handelsstrukturen

Kurz gesagt:
👉 Überall dort, wo Wertschöpfung delegierbar ist.


7 – Substanzanforderungen und österreichische Prüfungspraxis

Die österreichischen Finanzbehörden prüfen diese Modelle intensiv:

  • Jährliche Prüfung der Bilanzen

  • Abgleich von Personengesellschaft und Ltd

  • Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Umsätzen, Personal und Kosten

  • Analyse der tatsächlichen Entscheidungsstrukturen

In der Praxis bedeutet das:

  • lückenlose Dokumentation

  • Protokollierte Entscheidungen

  • Klare Geschäftsverteilungspläne

  • Saubere Verträge

  • Nachweis der Wertschöpfung in Zypern

Wer hier nachlässig ist, lernt das österreichische Finanzamt von seiner weniger mediterranen Seite kennen.


8 – Fazit: Funktionierend, aber nichts für Abenteurer

Das Organschaftsmodell Österreich–Zypern funktioniert.
Nicht theoretisch – sondern praktisch.

Aber nur dann, wenn:

  • das Geschäftsmodell passt

  • echte Substanz aufgebaut wird

  • der Eigentümer Disziplin zeigt

  • laufende Betreuung erfolgt

Es ist kein Modell für „Ich mache alles selbst und zahle keine Steuern“.
Solche Konzepte funktionieren bestenfalls in Internetforen – und selbst dort nur kurz.

Richtig umgesetzt ist das Modell jedoch:

  • rechtssicher

  • DBA-konform

  • wirtschaftlich sinnvoll

  • langfristig tragfähig

Oder anders gesagt:
👉 Zypern belohnt Struktur – Österreich prüft sie.

Wer beides versteht, lebt steuerlich entspannter. Wer nicht, finanziert unfreiwillig den österreichischen Staatshaushalt mit.

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