Ein ehrgeiziges EU-Projekt zur Optimierung der Meerwasserentsalzung in Zypern

Ein ehrgeiziges EU-Projekt zur Optimierung der Meerwasserentsalzung in Zypern

Unter dem Titel „Water-mining project“ läuft ein von der Europäischen Union gefördertes Vorhaben, das darauf abzielt, das Potenzial der Meerwasserentsalzung in Ländern wie Zypern, die unter extremen Dürren und Wasserknappheit leiden, bestmöglich zu nutzen.

Dieses ambitionierte europäische Projekt wird im Rahmen von Horizon 2030 finanziert und umfasst insgesamt 39 Partner, darunter das Wasserentwicklungsamt Zyperns (Department of Water Development) sowie der Abwasserverband von Larnaka (Larnaca Sewerage Board).

Das Vorhaben könnte eine mögliche Antwort auf das massive Wasserproblem sein, mit dem Zypern konfrontiert ist. Eine Schlüsselrolle bei der Koordinierung spielt das Forschungszentrum der Technischen Universität Delft in den Niederlanden, geleitet von Assistenzprofessor Demetris Xevgenos, der zugleich exekutiver Koordinator des Projekts ist.

Die Projektergebnisse wurden bereits auf der italienischen Insel Lampedusa vorgestellt, wo sie positive Resonanz hervorriefen. Lampedusa ist in hohem Maße repräsentativ, da sie ihren gesamten Wasserbedarf zu 100 % aus Entsalzungsanlagen bezieht. Derzeit durchläuft das Projekt eine Evaluationsphase, die dem Ziel dient, das Verfahren in die Praxis umzusetzen.

Vorstellung des Projekts in den Niederlanden
Am Dienstag stellte Prof. Xevgenos, der sich auf Systeme des Wasserkreislaufs spezialisiert hat, das Projekt einer Gruppe zypriotischer Journalistinnen und Journalisten vor, die auf Einladung der Niederländischen Botschaft in Nikosia in die Niederlande gereist waren.

Im Gespräch mit der Cyprus News Agency (CNA) erläuterte Prof. Xevgenos, dass Zypern bereits über beachtliche Erfahrung in der Meerwasserentsalzung verfüge. Immerhin stammen rund 70 % des zypriotischen Trinkwassers aus diesen Anlagen. Dennoch stoße die Entsalzung an finanzielle und ökologische Grenzen: Sie sei kostspielig und ein Großteil des entnommenen Wassers – in Form von Konzentrat (Sole) – sei bislang kaum weiter nutzbar. Genau hier setzt das Projekt an.

Schlüsseltechnologie: Weiterverwendung der „Sole“
Bei konventioneller Entsalzung entsteht ein konzentrierter Salzwasserstrom (Brine), der bisher praktisch als ungenutztes Abfallprodukt zurück ins Meer geleitet wird oder anderweitig entsorgt werden muss. Mithilfe der im „Water-mining“-Projekt entwickelten Technologie soll diese Sole jedoch aufbereitet und als Rohstoff für weitere industrielle Prozesse nutzbar gemacht werden. Insbesondere das enthaltene Natriumhydroxid (Ätznatron) kann durch ein wissenschaftliches Verfahren so umgewandelt werden, dass es für andere Zwecke, zum Beispiel in der Industrie, eingesetzt werden kann.

Positive Auswirkungen auf Wasserverfügbarkeit und Energiebedarf
Das Hauptziel des Programms ist zweierlei: Einerseits wird durch die Wiedergewinnung von Inhaltsstoffen aus der Sole mehr Wasser nutzbar – es kann also noch einmal weiter gefiltert werden, was die Ausbeute an trink- oder bewässerungsfähigem Wasser erhöht. Andererseits soll der Energieverbrauch in den Entsalzungsanlagen reduziert werden, wodurch langfristig sowohl die Kosten als auch die Umweltauswirkungen sinken könnten.

Auf diese Weise kann Zypern letztlich über mehr Wasser für Landwirtschaft und Trinkwasserversorgung verfügen. Dies bedeutet eine bessere Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenperioden sowie eine stabilere Wasserversorgung für Haushalte, Hotels und andere Unternehmen auf der Insel.

Projektstatus: Wissenschaftlich ausgereift
Nach Aussage von Prof. Xevgenos ist das „Water-mining“-Projekt bereits vollständig ausgereift auf wissenschaftlicher Ebene. Im November des Vorjahres fand in Nikosia eine umfassende Präsentation gegenüber allen relevanten Akteuren statt – von Regierungsbehörden über Umweltexperten bis hin zu potenziellen Wirtschaftspartnern.

Der nächste Schritt ist nun die Begutachtung auf EU-Ebene, bevor mit der konkreten Umsetzung am Standort Vasiliko, wo sich eine Anlage der zyprischen Elektrizitätsgesellschaft (Electricity Authority of Cyprus) befindet, begonnen werden kann. Hierfür müssen noch diverse Ausschreibungsverfahren sowie die Klärung unternehmerischer und rechtlicher Details erfolgen.

Grundlagen der Technologie und Vorteile für Zypern

  1. Meerwasserentsalzung als Status quo

    • Zypern zieht bereits den Großteil seines Trinkwassers aus Entsalzungsanlagen.
    • Diese sind jedoch sehr energieintensiv und erfordern eine entsprechende Infrastruktur.
  2. Brine-Nutzung als Schlüsselinnovation

    • Das Projekt „Water-mining“ befasst sich mit der Frage, wie man aus Sole wertvolle Bestandteile extrahieren kann.
    • Dadurch wird der Abfallstrom verkleinert und der Nutzungsgrad des gewonnenen Wassers erhöht.
    • Zusätzlich wird ein marktfähiges Produkt (z. B. für die chemische Industrie) generiert, das Einnahmen erzielen kann.
  3. Energieeffizienz und Skalierbarkeit

    • Das Verfahren soll den Energieaufwand für die Entsalzung reduzieren, was gerade in einem Land mit lang anhaltenden Trockenperioden von hoher Bedeutung ist.
    • Zudem könnte das Konzept überregional Anwendung finden – in anderen Mittelmeeranrainerstaaten, die ebenfalls mit Wasserknappheit zu kämpfen haben.
  4. Standort Vasiliko

    • Die geplante Pilot- oder Demonstrationsanlage soll in Kooperation mit der Electricity Authority of Cyprus im Bereich der Energie- und Wasserinfrastruktur entstehen.
    • Dieser Standort bietet sich an, da hier bereits industrielle Prozesse (Kraftwerksbetrieb) und logistische Strukturen vorhanden sind.

Wissenschaftlicher Kontext und Bedeutung

Das „Water-mining“-Projekt reiht sich in eine ganze Serie von EU-geförderten Initiativen ein, die sich auf nachhaltige Wasserwirtschaft, Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz konzentrieren. Angesichts steigender Temperaturen, unregelmäßiger Regenfälle und wachsender Bevölkerung gewinnen solche Vorhaben enorm an Relevanz.

  • Kreislaufwirtschaft: Ein zentrales Ziel des Programms ist es, den scheinbaren „Abfall“ (Brine) zu einem nützlichen Rohstoff zu machen. Dies entspricht der Idee einer zirkulären Wirtschaft, in der Nebenprodukte möglichst weiterverwertet werden.
  • Klimawandel: Durch die Minderung des Energieverbrauchs trägt das Projekt indirekt auch zum Klimaschutz bei. Je weniger Strom für Entsalzung benötigt wird, desto geringer ist der CO₂-Fußabdruck der Trinkwasserversorgung.
  • Übertragbarkeit: Zwar ist Zypern ein besonders passendes Testfeld für diese Technik, doch lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Regionen mit Wassermangel ausdehnen – ob im Mittelmeerraum, am Persischen Golf oder in Teilen Nordamerikas.

Erste Erfolge und Ausblick

Die Präsentation auf Lampedusa unterstreicht das breite Potenzial des Verfahrens. Die kleine italienische Insel ist zu 100 % auf Entsalzung angewiesen und somit ein idealer Standort für den Pilotcharakter solcher Technologien. Die positive Rückmeldung aus Lampedusa gibt dem Projektteam Zuversicht, dass ihr Ansatz nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis tragfähig ist.

Mit dem nun anstehenden Evaluationsprozess durch EU-Gremien wird geprüft, wie sich das „Water-mining“-Verfahren rentabel und nachhaltig umsetzen lässt. Nach dieser Bewilligungs- und Prüfphase kann das Projektteam in Zusammenarbeit mit zypriotischen Stellen, internationalen Investoren und weiteren EU-Partnern die kommerzielle Umsetzung angehen.

Ausschreibungen und kommerzielle Nutzung
Im nächsten Schritt wird es um die konkrete Vergabe von Projektdienstleistungen, Baumaterialien und Technikkomponenten gehen. Diese Tenderverfahren sind meist komplex und folgen strengen europäischen Regularien. Dabei müssen sowohl wirtschaftliche als auch ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt werden, um ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu gewährleisten.

Fazit

Das EU-finanzierte „Water-mining“-Projekt bietet einen vielversprechenden Lösungsansatz für die gravierende Wasserknappheit in Zypern und vergleichbaren Regionen.

  1. Vorreiterrolle Zyperns: Mit seinem hohen Anteil an entsalztem Trinkwasser ist Zypern prädestiniert, als Pionier in der Weiterentwicklung und Anwendung effizienterer Verfahren aufzutreten.
  2. Kreislaufwirtschaft im Wassersektor: Indem das Projekt aufzeigt, wie man aus Sole wertvolle Stoffe gewinnt, wird das Ressourcendenken im Wassersektor auf eine neue Stufe gehoben.
  3. Enorme Reichweite: Erfolgreiche Pilotanwendungen könnten den Weg ebnen für die Implementierung in anderen hitze- und dürregeplagten Regionen der Welt.
  4. Erprobt und evaluiert: Die Präsentation auf Lampedusa und die positive Resonanz aus wissenschaftlichen Kreisen bestätigen den innovativen Ansatz. Nun gilt es, die Wirtschaftlichkeit, Skalierung und Umsetzung auf praktischer Ebene zu beweisen.

Sofern die Bewertungs- und Ausschreibungsverfahren erfolgreich durchlaufen werden, könnte das „Water-mining“-Projekt in Zypern zu einer maßgeblichen Reduktion des Energieverbrauchs in Entsalzungsanlagen und zu einem umfassenderen Wassermanagement führen. Prof. Xevgenos und sein Team an der TU Delft sind zuversichtlich, dass sich damit ein echter Meilenstein in der Wasserwirtschaft des Mittelmeerraums setzt.

Quelle: Cyprus News Agency (CNA/KCH/AGK/2025)

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