Archäologische Funde belegen 10.000 Jahre ununterbrochene Besiedlung

Archäologische Funde belegen 10.000 Jahre ununterbrochene Besiedlung

1. Ein Dorf am Rand der Insel und im Zentrum der Geschichte

Das Dorf Kato Pyrgos Tylliria, gelegen an der nördlichen Küste Zyperns am Fuße des Troodos-Gebirges, gilt heute als eine der abgelegensten und am schwersten zugänglichen Regionen der Insel. Was für den modernen Besucher als landschaftlich reizvolle, aber isolierte Gegend erscheint, offenbart sich für Archäologen als Schatzkammer der Geschichte.

Wie der Archäologe Stylianos Perdikis, Direktor des Museums im Kloster Kykkos, gegenüber der Cyprus News Agency (CNA) erläuterte, reichen die Spuren menschlicher Besiedlung hier bis 8000 v. Chr. zurück. Damit ist Tylliria ein Beispiel für eine Region, die über Jahrtausende hinweg kontinuierlich bewohnt war – von der Jungsteinzeit über die Bronzezeit bis in die christliche und mittelalterliche Ära.


2. Siedlungen seit 8000 v. Chr.: Ein Zeugnis ununterbrochener Präsenz

Bereits seit der präkeramischen Jungsteinzeit lässt sich in der Region eine dauerhafte menschliche Präsenz nachweisen. Archäologische Funde belegen, dass frühe Siedler hier nicht nur lebten, sondern auch großflächige Nekropolen (Friedhöfe) anlegten – ein Hinweis darauf, dass sich bereits früh komplexe soziale Strukturen entwickelten.

Besonders bemerkenswert ist, dass die Besiedlung in Tylliria nie unterbrochen wurde. Während andere Regionen Zyperns teils Phasen der Entvölkerung oder Umstrukturierung erlebten, blieb Kato Pyrgos und seine Umgebung stets bewohnt. Dies macht die Region zu einem einzigartigen Kontinuum zypriotischer Kulturgeschichte.


3. Von der Antike bis in die Spätantike: Bäder, Mosaike und Inschriften

Ein besonders aufschlussreicher Fund stammt aus der Gegend von Mansoura. Dort wurde ein antikes Badehaus entdeckt, ausgestattet mit kunstvollen Mosaikböden und einer Inschrift, die in das 4. Jahrhundert n. Chr. datiert wird.

Dieser Fund zeigt, dass selbst in abgelegenen Regionen Elemente römischer und frühbyzantinischer Lebensweise Fuß fassten. Öffentliche Badeanlagen galten in der Antike als Symbol städtischer Kultur und Zivilisation. Ihre Präsenz in einer ländlichen Region wie Tylliria verdeutlicht, dass kulturelle und wirtschaftliche Einflüsse der großen Machtzentren auch in periphere Gebiete vordrangen.


4. Mittelalterliche Funde: Ein feudales Herrenhaus im Herzen Tyllirias

Besondere Aufmerksamkeit gilt den Ausgrabungen eines mittelalterlichen Gebäudekomplexes, den Perdikis seit 2008 leitet.

4.1 Bauweise und Struktur

  • Datierung: Ende des 12. Jahrhunderts bis Mitte des 17. Jahrhunderts (Osmanische Zeit).

  • Bauweise: Verwendung von rechteckigen Sandsteinblöcken, die aus Steinbrüchen am Strand von Agios Theodoros (drei Kilometer entfernt) herangeschafft wurden.

  • Architektur: Zwei Stockwerke, teils unterirdische Lagerräume, großzügige Räume von 30–40 m², innere Treppen, Böden aus Kalkmörtel mit kleinen Meereskieseln, Decken aus Holz mit flachen Ziegeln.

  • Innenräume: Verputzt mit rotem oder aschgrauem Mörtel, was auf den repräsentativen Charakter des Gebäudes schließen lässt.

Alles deutet darauf hin, dass es sich um ein feudales Herrenhaus handelte – möglicherweise der Sitz eines lokalen Grundherrn.

4.2 Funde und Alltagsgegenstände

Unter den Objekten, die geborgen wurden, finden sich:

  • ein silberner Löffel mit einer Herstellerprägung, vermutlich aus einer venezianischen Werkstatt,

  • zwei silberne Gabeln,

  • zahlreiche Ringe aus Bronze mit Halbedelsteinen.

Diese Funde sind nicht nur Ausdruck von Handelsbeziehungen mit dem Mittelmeerraum (Venedig!), sondern auch Belege für einen gehobenen Lebensstandard der damaligen Bewohner.

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5. Archäologie als Chance für die Region

Die Wahl, gerade diese abgelegene Region zu untersuchen, war bewusst. Perdikis betont, dass man sich fernab der bekannten Zentren wie Salamis, Kourion oder Paphos ein Bild von den ländlichen Lebensweisen machen wollte.

Dabei ergab sich ein positiver Nebeneffekt:
Die Ausgrabungen schufen Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung und trugen so unmittelbar zur Stärkung der Region bei. Archäologie wurde hier nicht nur zum wissenschaftlichen, sondern auch zum sozialen Projekt.


6. Zukünftige Pläne: Von der Ausgrabung zum Kulturerbe-Zentrum

Die Arbeiten am mittelalterlichen Komplex nähern sich ihrem Abschluss. Parallel dazu laufen Konservierungsmaßnahmen, damit die Anlage bald für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.

  • Geplant ist die Einrichtung eines botanischen Gartens mit typischen Pflanzen und Bäumen Zyperns.

  • Die archäologische Stätte soll als Kultur- und Bildungszentrum dienen, um Einheimischen wie Touristen die Geschichte der Region näherzubringen.

Damit wird ein weiteres Kapitel in der langen Geschichte Tyllirias aufgeschlagen: Die Region könnte sich vom abgelegenen Randgebiet zu einem neuen kulturellen Anziehungspunkt entwickeln.


7. Kato Pyrgos Tylliria im Kontext der zypriotischen Geschichte

Die Funde von Kato Pyrgos Tylliria fügen sich nahtlos in die umfassendere Geschichte Zyperns ein:

  • Prähistorische Besiedlung: Parallelen zu Funden in Chirokitia oder Kalavasos.

  • Bronzezeitliche Nekropolen: Hinweise auf ähnliche Entwicklungen wie in Enkomi oder Alassa.

  • Spätantike Badeanlagen: Vergleichbar mit urbanen Strukturen in Salamis oder Kourion.

  • Mittelalterliche Herrenhäuser: Zeugnisse feudaler Strukturen, die eng mit den Handelsverbindungen zum venezianischen und fränkischen Adel verbunden sind.

Was Kato Pyrgos jedoch einzigartig macht, ist die Kontinuität der Besiedlung in einer Region, die geographisch isoliert war. Diese Tatsache verleiht der Region eine besondere Bedeutung für die Erforschung der Langzeitentwicklung menschlicher Gesellschaften auf Zypern.


8. Fazit

Die archäologischen Entdeckungen in Kato Pyrgos Tylliria sind weit mehr als bloße historische Kuriositäten. Sie eröffnen ein Panorama von 10.000 Jahren zypriotischer Geschichte – von den ersten Siedlern der Jungsteinzeit über die Kulturen der Bronze- und Römerzeit bis hin zu den mittelalterlichen Feudalstrukturen.

Gleichzeitig zeigen sie, dass auch in den abgelegensten Winkeln der Insel kulturelle und wirtschaftliche Netzwerke wirkten, die Zypern seit jeher prägten.

Mit der geplanten Öffnung des archäologischen Komplexes für die Öffentlichkeit und der Einrichtung eines botanischen Gartens könnte Kato Pyrgos Tylliria bald nicht nur ein Ort der Wissenschaft, sondern auch ein lebendiges Zentrum für Geschichte, Kultur und Natur werden.


Quelle: Cyprus News Agency (CNA)

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