Zypern im Zentrum der neuen Energieordnung Europas

Zypern im Zentrum der neuen Energieordnung Europas – Minister Papanastasiou über das Ende russischer Gasimporte und die strategische Rolle des östlichen Mittelmeers

Eine neue Energiearchitektur entsteht

Zypern rückt immer stärker in den Mittelpunkt der europäischen Energiepolitik.
Energieminister George Papanastasiou erklärte in einem exklusiven Interview mit der Cyprus News Agency (CNA), dass die Vereinigten Staaten eine vollständige Beendigung der russischen Gaslieferungen nach Europa anstreben und dabei auf Zypern, Griechenland und Israel als Schlüsselpartner setzen.

Im Rahmen des 6. Partnership for Transatlantic Energy Cooperation (P-TEC), das am 6. und 7. November 2025 in Athen stattfand, wurde die geopolitische Bedeutung des östlichen Mittelmeerraums für die Energiesicherheit Europas deutlich unterstrichen.

Papanastasiou, der Zypern beim Treffen repräsentierte, erläuterte die konkreten Schritte, mit denen der Mittelmeerraum zur alternativen Energiedrehscheibe für Europa werden soll.

„Das Ziel ist klar – den Gasfluss aus Russland nach Europa vollständig zu beenden“, sagte der Minister.
„Zypern ist Teil eines neuen Energie-Korridors, der Stabilität, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Chancen schafft.“


Das P-TEC-Forum: Energie als geopolitisches Instrument

Das P-TEC-Forum, organisiert vom Atlantic Council, bringt jährlich führende Vertreter aus den USA, Europa und den Mittelmeerstaaten zusammen, um Strategien für Energiesouveränität und Versorgungssicherheit zu entwickeln.

Zentraler Schwerpunkt der diesjährigen Diskussionen war die Entwicklung eines neuen Gaskorridors, der Nord- und Mitteleuropa über Griechenland mit Gas aus der östlichen Mittelmeerregion versorgen soll – ein Projekt mit Einfuhrpunkt im Hafen von Alexandroupolis.

Dabei wurde deutlich, dass die USA ihre Energiepartnerschaften neu ausrichten: weg von Abhängigkeiten, hin zu vernetzten, resilienten Lieferketten – mit Zypern als kritischem Bindeglied zwischen Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika.


Der 3+1-Dialog: Vier Partner für Energiesicherheit

Der 3+1-Mechanismus – bestehend aus Zypern, Griechenland, Israel und den USA – wurde während des Gipfels neu belebt.
Er dient als strategische Plattform, um Energieinfrastruktur, Versorgungsketten und Forschung zwischen den Partnerstaaten zu koordinieren.

Papanastasiou berichtete, dass mehrere Vereinbarungen unterzeichnet wurden, welche die Lieferkette von der Gasquelle bis zum europäischen Verbraucher verbindlich machen.

„Die Verbindungen stehen – von den Lagerstätten bis zum Endkunden“, so der Minister.
„Diese Korridore sichern nicht nur Energie, sondern geopolitische Stabilität.“

Ein besonderer Fokus lag auf der Integration israelischer Gasfelder in das Netzwerk Zyperns, womit gegenseitige Pipeline-Verbindungen geschaffen werden sollen.


Zypern als Energiebrücke Europas

Der Minister betonte, dass Zyperns eigene Gasreserven – insbesondere die Felder Aphrodite und Kronos – künftig einen entscheidenden Beitrag zur europäischen Gasversorgung leisten werden.

Diese Felder sind Teil eines umfassenden Plans, das Gas über Ägypten (Damietta LNG-Terminal) zu verflüssigen und anschließend nach Europa zu exportieren.

„Unsere Vorkommen können ergänzende Mengen für den europäischen Markt liefern“, erklärte Papanastasiou.
„Gemeinsam mit Israel und den USA bildet Zypern das Herzstück der neuen Energieachse des Mittelmeers.“

Die USA, so der Minister, hätten besonderes Interesse daran, die Lieferlücke nach dem Rückzug Russlands mit amerikanischem LNG und Gas aus der Region zu schließen.

Damit werde Zypern zur Drehscheibe für die Diversifizierung der Energiequellen – ein Schlüsselkonzept der europäischen Energieunion.


Kronos und Aphrodite: Zyperns Energiekarten der Zukunft

Papanastasiou verwies auf konkrete Fortschritte bei den großen Offshore-Feldern Aphrodite (Block 12) und Kronos (Block 6), die beide gemeinsam mit ENI und TOTAL entwickelt werden.

Projekt Kronos

  • Status: fortgeschrittenes Entwicklungsstadium

  • Partner: ENI, TOTAL

  • Ziel: Gasförderung und Export über Damietta (Ägypten)

  • Technische Verbindung: Anbindung an das ägyptische Feld Zohr, um Transportkosten zu reduzieren

  • Bedeutung: Erstes bilaterales „Cross-Border-Projekt“ zwischen Zypern und Ägypten

„Die Nähe zur bestehenden Infrastruktur macht Kronos technisch realisierbar und wirtschaftlich attraktiv“, sagte der Minister.

Die endgültige Vertragsunterzeichnung zwischen Zypern (als Verkäufer) und den Unternehmen ENI und TOTAL (als Käufer) wird in den kommenden Wochen erwartet.

Projekt Aphrodite

  • Entwicklungs- und Produktionsplan wurde bereits im Februar 2025 unterzeichnet

  • Technisch-ökonomische Studien laufen bis Mitte 2026

  • Endgültige Investitionsentscheidung (FID): bis Ende 2026

  • Gasexport: über Ägypten in das europäische Netz

„Mit Aphrodite wird Zypern zum realen Energieakteur Europas“, sagte Papanastasiou.


Pipeline-Verbindungen zwischen Israel und Zypern

Ein zentrales Thema des 3+1-Dialogs war die mögliche Pipeline-Verbindung zwischen den Gasnetzen Israels und Zyperns.
Laut Papanastasiou zeigte sich Israels Energieminister offen für die gegenseitige Anbindung beider Systeme, um Gas in beide Richtungen transportieren zu können.

„Diese Idee schafft Flexibilität, Stabilität und Versorgungssicherheit“, erklärte der Minister.

Er bestätigte zudem, dass eine israelische Energiegesellschaft bereits offiziell Interesse an einer solchen Pipeline bekundet habe.
Ein entsprechendes Schreiben liege der Republik Zypern vor.


Das Eastern Mediterranean Energy Center: Koordination für die Zukunft

Parallel zu den Pipelineprojekten wird im Rahmen des 3+1-Formats ein „Energy Center“ geplant, das die Überwachung und Koordination aller regionalen Energieprojekte übernehmen soll.

Die Gespräche über Standort, Struktur und Zuständigkeiten dieses Zentrums laufen noch.
Es soll langfristig als strategische Leitstelle für den Energiefluss zwischen dem östlichen Mittelmeer, Europa und den USA fungieren.

„Dieses Zentrum wird das Herzstück unserer Energieintegration“, sagte Papanastasiou.


Alexandroupolis – das neue Energieportal Europas

Die griechische Hafenstadt Alexandroupolis entwickelt sich zunehmend zum Eingangspunkt für LNG-Importe aus der Region.
Dort entsteht eine schwimmende LNG-Anlage (FSRU), über die Gas aus den USA, Zypern und Israel nach Mitteleuropa geleitet wird.

Dieses Projekt gilt als Eckpfeiler der Energieunabhängigkeit Europas.
Papanastasiou betonte, dass die drei Hauptlieferanten dieses Korridors die USA, Zypern und Israel seien.

„Alexandroupolis ist der neue Startpunkt für ein unabhängiges, vernetztes und nachhaltiges Energie-Europa“, sagte er.

Der Blick nach vorn: 3+1-Treffen 2026 in Washington

Das nächste Treffen im Rahmen des 3+1-Dialogs wird im zweiten Quartal 2026 in Washington D.C. stattfinden.
Dort sollen die bisherigen Fortschritte evaluiert und neue Projekte – insbesondere im Bereich grüner Energie, Wasserstoff und Stromnetze – beschlossen werden.

Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Projekt GSI (Grid System Interconnection), also der Stromverbindung Israel–Zypern–Griechenland, die bereits in der 3+1-Erklärung angedeutet wurde.


Zyperns geopolitische Rolle: Energie als Friedensfaktor

Papanastasiou unterstrich, dass Energiekooperation auch Sicherheitspolitik sei.
Die Region erlebe eine Transformation von Konkurrenz zu Kooperation, und Zypern spiele dabei eine Schlüsselrolle als neutraler, europäischer Vermittler.

„Unsere Energiepolitik basiert auf Partnerschaft, Stabilität und gegenseitigem Nutzen“, so der Minister.
„Das ist die Grundlage für Frieden im östlichen Mittelmeer.“


Fazit: Zypern als Drehscheibe für Europas Energiezukunft

Mit seinen aktiven Gasprojekten, seiner geographischen Lage und seiner stabilen politischen Haltung etabliert sich Zypern als zentraler Akteur in der europäischen Energiearchitektur.

Das Land verbindet die Ressourcen Israels, Ägyptens und der USA mit den Energiemärkten Europas – und leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Unabhängigkeit von russischem Gas.

Der Energieminister fasst zusammen:

„Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen – für Versorgungssicherheit, für Nachhaltigkeit und für Europas Energiezukunft.“


Quelle: Cyprus News Agency (CNA)

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