Einleitung
Am 1. Oktober 2025 feiert die Republik Zypern den 65. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit. Es ist ein Datum von großer symbolischer Bedeutung, das jedes Jahr mit Zeremonien, Paraden und Gedenkveranstaltungen begangen wird. In diesem Jahr wird das Jubiläum durch eine eindrucksvolle Militärparade in Nikosia, begleitet von einem offiziellen Rahmenprogramm, gewürdigt.
Doch die Feierlichkeiten sind mehr als nur eine militärische Demonstration. Sie erinnern an die komplexe Geschichte eines Staates, der seit 1960 unabhängig ist, jedoch bis heute mit ungelösten politischen Fragen, insbesondere der Teilung der Insel seit 1974, konfrontiert bleibt. Gleichzeitig sind sie Ausdruck von Staatsidentität, europäischer Verankerung und regionaler Verantwortung.
1. Ablauf der Feierlichkeiten in Nikosia
Militärparade auf der Iosif Hadjiosif Avenue
Der Höhepunkt des Jubiläums ist die Militärparade um 9:00 Uhr in Nikosia, die mit einem 21-Schuss-Salut eröffnet wird. Präsident Nikos Christodoulides nimmt die Ehrenbezeugung ab, flankiert von führenden politischen und militärischen Persönlichkeiten:
Annita Demetriou, Präsidentin des zyprischen Parlaments,
Nikitas Kaklamanis, Präsident des griechischen Parlaments,
Verteidigungsminister Vassilis Palmas,
Thanasis Davakis, stellvertretender griechischer Verteidigungsminister,
Generalleutnant Georgios Tsitsikostas, Oberbefehlshaber der Nationalgarde.
An der Parade nehmen verschiedene Einheiten und Flugzeuge der Nationalgarde sowie Formationen der Polizei, Feuerwehr, Zivilschutz, Forstbehörden und Gesundheitsdienste teil.
Internationale Dimension
Neben der politischen und militärischen Führung Zyperns sind auch Botschafter, Verteidigungsattachés ausländischer Staaten und weitere hochrangige Gäste anwesend. Damit erhält die Veranstaltung eine klare außenpolitische Signalwirkung: Zypern versteht seine Unabhängigkeit nicht nur als nationale, sondern auch als europäische und internationale Angelegenheit.
2. Symbolische Vorbereitungen: Erinnerung und Gedenken
Vor der Parade finden traditionelle Gedenkakte statt, die an die Opfer des Freiheitskampfes und die historischen Wegbereiter des unabhängigen Staates erinnern:
Gedenkgottesdienst und Kranzniederlegung an den „Imprisoned Graves“ – den Gräbern der Kämpfer der EOKA, die im Unabhängigkeitskampf gegen die britische Kolonialherrschaft gefallen sind.
Kranzniederlegung am Denkmal von Erzbischof Makarios III. – dem ersten Präsidenten der Republik Zypern, der die junge Nation nach 1960 prägte.
Gedenken am Demokratie- und Widerstandsdenkmal im Park des Präsidentenpalastes – eine Erinnerung an den Kampf für Demokratie und gegen die Militärdiktatur in Griechenland, die auch die Insel beeinflusste.
Diese Stationen zeigen, wie eng historisches Gedenken und aktuelle Staatlichkeit miteinander verknüpft sind.
3. Rückblick: Von der Unabhängigkeit 1960 bis zur Gegenwart
Der Weg in die Unabhängigkeit
Nach jahrzehntelanger britischer Kolonialherrschaft und blutigem EOKA-Aufstand (1955–1959) wurde die Republik Zypern am 16. August 1960 unabhängig. Grundlage war das London-Züricher Abkommen, das eine komplexe Machtbalance zwischen griechisch-zyprischer Mehrheit und türkisch-zyprischer Minderheit vorsah.
Politische Instabilität und Teilung
Schon in den 1960er Jahren kam es zu schweren Spannungen zwischen den beiden Volksgruppen. Der türkische Einmarsch 1974, der als Reaktion auf einen von der griechischen Militärjunta unterstützten Putsch erfolgte, führte zur Teilung der Insel, die bis heute anhält. Rund ein Drittel des Territoriums steht seither unter türkischer Kontrolle.
Mitgliedschaft in der Europäischen Union
Seit 2004 ist Zypern Mitglied der EU, was die außenpolitische Orientierung festigte. Dennoch bleibt die ungelöste Zypernfrage ein zentrales Problem, das auch europäische und internationale Diplomatie immer wieder beschäftigt.
4. Die Bedeutung der Unabhängigkeitsfeiern heute
Die Feierlichkeiten zum 65. Jahrestag sind weit mehr als ein Ritual. Sie haben eine doppelte Bedeutung:
Stärkung der nationalen Identität:
Die Paraden und Gedenkakte sollen die Bevölkerung daran erinnern, dass die Unabhängigkeit Ergebnis harter Kämpfe war und bis heute verteidigt werden muss.Politische Botschaft an die internationale Gemeinschaft:
Die Präsenz von Botschaftern und internationalen Gästen unterstreicht, dass Zypern als stabiler Partner in der EU und im östlichen Mittelmeer wahrgenommen werden möchte.Sicherheitspolitische Dimension:
Angesichts der anhaltenden Besetzung des Nordens ist die Demonstration militärischer Stärke auch ein Signal der Abschreckung und Selbstbehauptung.
5. Herausforderungen der Gegenwart
Geopolitische Spannungen
Die ungelöste Zypernfrage, die Energieinteressen im östlichen Mittelmeer und die Rolle der Türkei sorgen weiterhin für Spannungen.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Die zyprische Gesellschaft steht vor der Aufgabe, die Erinnerung an die Vergangenheit mit einer Vision für die Zukunft zu verbinden – zwischen Tradition, Modernisierung und europäischer Integration.
Wirtschaft und Innovation
Zypern konnte sich in den letzten Jahren als robuster Wirtschaftsstandort etablieren, bleibt aber verwundbar gegenüber internationalen Krisen. Der Ausbau von Energieprojekten, Digitalisierung und Nachhaltigkeit gilt als Schlüssel für die kommenden Jahrzehnte.
6. Ein Blick nach vorn: 2026 als symbolisches Jahr
Die Feierlichkeiten 2025 sind auch ein Vorlauf zur EU-Ratspräsidentschaft 2026, die Zypern im ersten Halbjahr übernehmen wird. Damit rückt die Insel erneut ins Zentrum europäischer Politik. Themen wie Energiesicherheit, Digitalisierung, Verteidigung und soziale Kohäsion werden dann auf der Agenda stehen – Felder, in denen Zypern seinen Anspruch als aktiver EU-Mitgliedstaat untermauern will.
Fazit
Die Feierlichkeiten zum 65. Jahrestag der Unabhängigkeit Zyperns vereinen Erinnerung, Identität und Zukunftsperspektiven. Sie zeigen einerseits die historischen Wurzeln eines kleinen Staates, der sich gegen äußere Einflüsse behaupten musste, und andererseits den Anspruch, als verlässlicher Partner innerhalb der EU und im östlichen Mittelmeer eine aktive Rolle zu spielen.
Die Militärparade in Nikosia, die Kranzniederlegungen und das internationale Rahmenprogramm verdeutlichen: Zypern feiert nicht nur sein Bestehen, sondern setzt auch ein politisches Signal der Kontinuität und Souveränität.
Quelle: Cyprus News Agency (CNA)